Das Stuttgarter Hospitalviertel und die Synagoge

 

Dr. Alfred Hinderer

Entstehung des Hospitalviertels

Dieses Stadtquartier liegt nördlich der Königstraße zwischen der Friedrichstraße, der Theodor-Heuss-Straße, dem Rotebühlplatz und der Schloßstraße. Es wurde im Krieg völlig zerstört und danach durch den Durchbruch der Roten Straße, heute Theodor-Heuss-Straße, zu einer vierspurigen Stadtautobahn zerschnitten. Wer es ohne Vorbereitung besucht, sieht den modernen Hospitalhof mit dem restaurierten Chor der alten Hospitalkirche, das markante Landesgewerbeamt und noch ein paar wieder aufgebaute historische Gebäude und ansonsten viele gesichtslose Bürogebäude aus der Nachkriegszeit. Wer sich jedoch tiefer mit ihm beschäftigt und genauer hinschaut, erkennt bald, dass dieses Viertel ein bedeutendes geistliches, geistiges und kulturelles Leben und eine große Vielfalt besitzt. In den letzten Jahren wurde das Quartier städtebaulich aufgewertet, und seit der Befreiung vom Auto- und Parkverkehr lädt eine schön gestaltete Fußgängerzone um den Hospitalplatz zum Verweilen und Erforschen ein.

Die Entstehung des Hospitalviertels

Das mittelalterliche innere Stuttgart lag im Oval zwischen dem Alten Schloss, dem Großen Graben - der heutigen Königstraße - und dem Kleinen oder Krummen Graben - der heutigen Eberhardstraße. Die Stadt war von einer Mauer mit Türmen und Toren und von einem tiefen Stadtgraben mit einem breiten Wall ringsum geschützt.

Als es im 14. Jahrhundert in der inneren Stadt zu eng wurde, wurde im Süden die Leonhardsvorstadt mit der Leonhardskirche als geistlichem Zentrum erbaut und mit einer weiteren Mauer geschützt.

Im 15. Jahrhundert reichte auch dieser Platz nicht mehr aus. Nördlich der inneren Stadt entstand eine weitere Vorstadt. Hier hatten die württ. Grafen einen Turnieracker für Ritterspiele angelegt. Vor ihm lagen drei künstliche Seen, die zum Schutz der Stadt aber auch auf Wunsch der Gräfinnen aus Norditalien angelegt worden waren und vom Vogelsangbach gespeist wurden. Dieses Areal wurde jetzt bebaut und mit einer Stadtmauer mit mehreren Toren geschützt. Eine kleine Marienkapelle wurde ihr geistiges Zentrum und gab der Turnierackervorstadt den Namen „Unserer lieben Frauen Vorstadt“.

Die neuen Straßen wurden schachbrettartig angelegt. Vom Großen Graben führte die neue Büchsenstraße nach Norden zum Büchsentor, einem prachtvollen Renaissancetor. Der Name der Straße und des Tors stammte von einem Schützenhaus der Büchsenmacherzunft, das vor dem Tor stand. Die Baugrundstücke waren großzügig bemessen und hatten schöne Gärten in den Innenbereichen. Das zog Adelige und wohlhabende Bürger an. Im 17. Jahrhundert nannte man sie deshalb die „Reiche Vorstadt“. In alten Unterlagen findet man hier einen Hofrat, einen Professor, einen Prälaten, einen Hofschauspieler und viele Adelige wie „von Thumb“, „von Gemmingen“ und „von Wimpfen“. Viele Jahre noch gab es im Quartier auch noch Wiesen und Gartenflächen. Erst weit im 19. Jahrhundert war die neue Vorstadt völlig bebaut.